Sonntag, 17. November 2013

Bamboozled - It's Showtime


Regie: Spike Lee, Drehbuch: Spike Lee, Darsteller: Damon Wayans, Jada Pinkett Smith, Michael Rappaport, Savion Glover, Tommy Davidson, Mos Def, Paul Moony ...


Pierre Delacroix ist ein Harvard Mann der für den Fernsehsender CNS arbeitet. Um den Machtspielchen seines Bosses zu entgehen und trotzdem eine ordentliche Abfindung zu bekommen entwirft Delacroix die wohl rassistischste Show der Welt. In der Show spielen zwei von Delacroix entdeckte Nachwuchstalente zwei dumme Schwarze, die auf einer Wassermelonenfarm leben. Er wartet auf seine Kündigung doch entgegen aller Erwartungen wird die Show ein Hit; zunächst ist er irritiert doch nach einiger Zeit beginnt er den Erfolg der ihm lange verwehrt blieb zu genießen. Nach einiger Zeit beginnt sich alles unerwartet zu entwickeln.



Die Linie zwischen gekonnter Satire und unangebrachter Übertreibung ist sehr dünn. Die meisten Kritiker halten Bamboozled für eine unangebrachte Übertreibung, während der Film für andere jedoch eine scharfe Satire und gelungene Kritik an der früheren sowie aktuellen Darstellung von Schwarzen in Film und Fernsehen ist. Es ist als deutscher Zuschauer wahrscheinlich schwierig alle Anspielungen und Nuancen des Films zu verstehen, da Minstrel Shows in Deutschland keine Tradition haben, was nicht heißt, dass nicht Teile davon zu uns herübergeschwappt sind. In den USA gab es seit dem Ende des 19ten Jahrhunderts diese Art von Shows in der sich Schwarze meist als dumme Gehilfen oder sonstige wenig intelligente Rollen zum Affen machen mussten, teilweise waren es auch Weiße die sich schwarz anmalten, ein sogennantes „blackfacing“ vollführten. Diese Shows sind seit jeher für ein weißes Publikum gedacht und wurde von Schwarzen als Beleidigung empfunden. Nun werden die meisten Menschen sagen, dies war ein rassistischer Teil der Medienkultur den wir zum Glück überwunden haben, wir müssen nach vorne schauen. Falsch. Spike Lee ist der Auffassung, dass man sehr viel lernen kann wenn man sich die Vergangenheit bewusst macht, man sollte nie vergessen wie die Darstellung von Minderheiten in den USA noch bis vor 40 Jahren aussah. Was man bei dem Film lernt ist, dass Minstrel Shows in der klassischen Form zwar nicht mehr existieren, aber dass die generellen Tendenzen einer abwertenden Darstellung von Schwarzen in Film und Fernsehen immer noch bestehen. Ein Bereich in dem dies offensichtlich wird ist der sog. Gangsta Rap. Ein Genre das in den Medien sehr Präsent ist, Schwarze erfüllen hier wieder ein Klischee, sie tragen Goldketten und Schusswaffen. Wer kauft die meisten Platten? Richtig, ein weißes Publikum. Spike Lee sagt, dass Rap die Minstrel Shows des 21sten Jahrhunderts sind. Bamboozled schafft es diese Tendenzen aufzuzeigen und scharf zu kritisieren ohne dabei mit dem Finger auf sie zu zeigen. Die meisten Lacher in dem Film sind Lacher für die man sich eine Sekunde später schon wieder schämt. „Wie kann ich, als guter weißer Liberaler über so etwas Lachen?“, fragt man sich.

Sehr interessant ist der Protagonist des Films. Pierre Delacroix ist die Verkörperung des Begriffs Identitätskrise. Er hält es nicht aus einfach nur schwarz zu sein, weshalb er sich einen exotisch klingenden Namen geben und sich einen falschen Akzent angewöhnt hat. Er will raus aus seinem Job weshalb er eine Kette von Ereignissen anstößt deren Kontrolle er schnell verliert. Als ihm klar wird, dass er keine Macht über die Ereignisse mehr hat ist es schon zu spät. Er steckt fest, als Macher der rassistischsten Show in den USA. Als der Erfolg dazu kommt beginnt er seine Kreation zu relativieren, er verteidigt sie aus einem einfachem Grund: sie bringt ihm was er sich so lange wünschte, Anerkennung für seine Arbeit. Delacroix versucht die Stars seiner Show, Talente die er entdeckt hat, wie Puppen zu lenken und sie wenn nötig gegeneinander auszuspielen...bis alles schief geht.

Bamboozled hat einen low budget-artigen Look, was an der benutzten Mini-DV Aufnahmetechnik liegt. Diese notgedrungene Budgetentscheidung verhindert aber nicht die für Spike Lee übliche handwerkliche Raffinesse; umgesetzt wurden Lees Visionen von Ellen Kunas, welche hier das erste mal auf Mini-DV drehte. Viele tolle Einstellungen und gut inszenierte Szenen finden sich im Film. Die kleinen Kameras ermöglichten Multi-Camera Aufnahmen mit bis zu einem Dutzend Kameras. Das Resultat sind dynamische Szenen die technisch wie inhaltlich auf hohem Niveau sind.

Insgesamt kann man sagen, dass Bamboozled Spike Lees rundester Film ist. Die Geschichte ist sehr gut erzählt und bietet eins der besten Filmenden die er bisher drehte. Nach der letzten Szene folgt eine Montage die all diesen Stereotypen noch einmal aufrollt. Man muss schlussendlich noch einmal reflektieren und wird nachdenklich. Ein Film der mit Stereotypen spielt wie kein anderer, einige werden die Satire als gescheitert ansehen. Für mich ist Bamboozled eine grandiose Satire, ein ganz großer kleiner Film und wahrscheinlich Spike Lees am meisten unterschätzter Film. Ein Film der mich noch lange nach der Sichtung beschäftigt hat.

Tipp: Den Film gibt es in voller Länge auf youtube. Einfach englischen Titel eingeben.

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